Von Arnold Sommer, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins: 75 Jahre Grundgesetz - Glückwunsch, Deutschland!

Ich möchte mit der Weimarer Republik beginnen, die damals eine der modernsten und liberalsten Verfassungen der Welt darstellte. Den Gründungsvätern ist ein großer Wurf gelungen und von einer Monarchie in eine Demokratie zu wechseln, war sowohl für die Politiker als auch für die Bürgern neu.
Die ganzen Wirren Ende 1918, Revolution von rechts und links, die Dolchstoßlegende, die großen Unruhen in Berlin. Alles dies verlangte erstmal, das Parlament in eine ruhige Region zu verlegen und Weimar, die Stadt von Goethe und Schiller, war mehr als prädestiniert dafür.
Der 1. Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) war eine herausragende Person, der die Demokratie und den neuen Liberalismus mit allen Mitteln verteidigte. Der einstige Geburtsfehler war, dass der Präsident die ganze Machtfülle auf sich vereinigte und dass sich nach dem Tod von Ebert das ganze Ausmaß erst deutlich machte. Hätten sich damals bei der Reichspräsidentenwahl 1925 die Demokraten von SPD, USPD, Zentrum (ein katholischer Vorläufer der CDU) sich auf einen Kandidaten einigen können, wäre uns Hindenburg erspart geblieben. Generalfeldmarschall Hindenburg wurde als Ersatzkaiser angesehen und hatte keinerlei politische Erfahrung. Das war ein Unglück für die junge Republik, die nicht nur die Hyperinflation 1923 und die Weltwirtschaftskrise 1929 bewältigen musste, sondern was auch zu vielen Reichstagsauflösungen und zu Präsidialregierungen geführt hat. Alles dieses führte zu der von Teilen der Gesellschaft ohnehin verhassten Republik, die dann durch Hindenburg den Nationalsozialisten um Hitler an die Macht verholfen hat. Das Ergebnis ist allen bekannt und sollte immer wieder zur Mahnung aufrufen.
Unsere heutige Verfassung, die sich heute zum 75. Mal jährt, hat allen Grund gefeiert zu werden. vieles wurde aus der Weimarer Verfassung übernommen und vielesl verbessert. Der Geburtsfehler aus Weimar wurde nicht wieder begangen und unser Bundespräsident hat nicht mehr die Machtfülle.
Unser Grundgesetz musste ja 1949 von den Alliierten genehmigt werden, da wir Besatzungszone waren und nicht souverän. Unsere Verfassung ist von Libertät und Freiheit geprägt. Die Menschenwürde ist unantastbar. Wir haben uns in der Demokratie bewährt und unsere Souveränität zurück. Mit der Wiedervereinigung 1990 hat unser Volk unblutig zueinander gefunden. Seit 1949 musste unsere Demokratie einiges aushalten. Den sowjetischen Versuch in den 50. Jahren, die Vereinigung durch vorgeschobene Neutralität zu erhalten, haben wir erfolgreich abgewehrt. Der 17. Juni 1953, Bau der Mauer, die 68er Jahre, die 70er Jahre Extremismus von links, die Entführung 1977 Martin Schleier und die Befreiung der Geiseln, der eskalierende kalte Krieg in den 80er usw.
Ich möchte hier unsere früheren Bundeskanzler Adenauer, Willi Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl besonders hervorheben. Alle diese Kanzler haben es in Ihrer Zeit geschafft, die Demokratie, die Freiheit und das Westbündnis mit all Ihrer Kraft zu verteidigen und auszubauen. Seit über 70 Jahren hatten wir Frieden in Europa - und jetzt ist seit mehr als 2 Jahren wieder Krieg in der Ukraine ausgelöst durch Putin. Wir Deutschen müssen durch unsere belastete Geschichte besonders behutsam vorgehen in der Hoffnung, dass Europa auch in Zukunft in Freiheit und Selbstbestimmung Leben kann.
Aus meiner Sicht können wir in Deutschland mit dem Erreichten sehr zufrieden sein. Es muss keiner hungern und jeder kann seine Meinung zum Ausdruck bringen. Den neuen Versuch von rechts, unseren Staat zu attackieren, werden wir bekämpfen und dabei alle rechtsstaatlichen Mittel ausnutzen. Erst wenn Freiheit und Liberalität zur Disposition stehen sollten, spätestens dann merken wir, was wir verlieren. Vieles scheint in manchen Augen sozial nicht gerecht verteilt zu sein, wir klagen immer schon auf hohem Niveau. Das aber macht es aus, dass immer wieder Gesetze oder Sozialleistungen auf den Prüfstand kommen - und das ist gut so. Pluralismus, Diskussionen sollten immer auf sachlicher Ebene geführt werden; und erst wenn das nicht mehr möglich ist, ist die Demokratie gefährdet. Wir Deutschen haben das Wirtschaftswunder geschafft. Durch Fleiß, hohe Produktivität, Erfindergeist und immer im Versuch, ein bisschen besser zu sein als andere, haben wir es zu einem wohlhabenden Land gebracht. Wir stehen mitten in Europa nur unter Freunden.
Mit einem Satz: Herzlichen Glückwunsch Deutschland!
Arnold Sommer,
Vorsitzender des SPD-Ortsvereins