Mit einem Ausflug in die 50-er Jahre wird hier der Beginn moderner Schulentwicklung in der Samtgemeinde beschrieben: Die SPD Gieboldehausen hat dabei die entscheidenden Impulse gegeben!

Schulpolitik ist immer auch „große“ Politik. Und so war das auch bei dem ersten großen Versuch in den 50-er Jahren, als man allenthalben in der jungen Republik begann, die Schullandschaft zu verändern. Auch bei uns, zunächst im Flecken Gieboldehausen, in den folgenden Jahren und Jahrzehnten auch in der Samtgemeinde. Hier sollen in loser Folge ein paar Entwicklungen aufgezeigt werden, die letztlich zu dem geführt haben, was wir heute als Schulangebot in der Samtgemeinde aufzuweisen haben. Es war nicht immer leicht, mitunter kurios und heftig. Die Sozialdemokratie im Land und in unserer Region stand dabei stets auf der Seite des schulpolitischen Fortschritts – gegen die konservativ-katholischen Bremser vor Ort und in der jungen Bundesrepublik. Und ohne diese sozialdemokratischen Initiativen wären wir nur mit Verzögerung dort angekommen, wo wir heute sind. Der Widerstand war kräftig und allgegenwärtig.

Bis zum Ende des Schuljahres 1956/1957 gab es im Flecken Gieboldehausen eine evangelische und eine katholische Volksschule. Die evangelische Volksschule war nach dem 2. Weltkrieg - ausgelöst durch die politischen Wirren, die religiösen Verhältnisse vor Ort und die dramatische Flüchtlingsproblematik - im Jahre 1947 gegründet worden als Antwort darauf, dass es in Gieboldehausen nur eine katholische Bekenntnisschule gab. Gemeinsamer Unterricht galt aus religiösen Gründen als nicht angebracht. Das war schon damals für weite Teile der Landespolitik nicht nachvollziehbar und galt als überholt, zumal es solche getrennten Schulen in den meisten Teilen des Landes nicht gab. Anderenorts war es so, dass die religiöse Minderheit die Schule der Mehrheit besuchte. Deutlich in der Mehrheit in Niedersachsen waren bis auf einige katholische Enklaven (Cloppenburg, Emsland, Landkreis Duderstadt) die Bürgerinnen und Bürger mit evangelischem Bekenntnis. Die überkommene Struktur ging auf das Konkordat zwischen dem nationalsozialistischen Deutschen Reich und der katholischen Kirche aus dem Jahre 1933 zurück, mit dem sich die Nationalsozialisten die Zustimmung der Zentrumspartei zum Ermächtigungsgesetz „erkauften“.[1]

Es gab aber seit Anfang der 50-er Jahre eine schulpolitische Entwicklung, die darauf abzielte, die bildungspolitische Differenz zwischen der Volksschule und dem Gymnasium etwas zu verringern. Man zielte auf eine Mittelschule, von der man sich einen zusätzlichen Bildungsschub für einen Teil der Schülerinnen und Schüler erhoffte, um sie auf diese Weise auf die sich auf dem Arbeitsmarkt abzeichnenden qualifizierteren Berufe gezielter vorbereiten zu können. Diese Bestrebungen von Bildungspolitikern und Lehrerverbänden gab es auch im alten Landkreis Duderstadt, prominent vertreten und in den Kreistag eingebracht über eine Denkschrift des Oberregierungsrats Taube (damals Schulrat), die er dem Kreistag schon 1952 vorgelegt hatte.

Die Gemeinde Gieboldehausen hatte in Umsetzung dieser Empfehlung des Schulrats Taube bereits am 6.12.1952 die Einrichtung einer Mittelschule beschlossen, allerdings ohne die Einrichtung zusätzlicher Räumlichkeiten. Unter dem Datum des 10.10.1952 bat - in einem späteren Brief nennt er diese Bitte eine „Verfügung“ - Oberkreisdirektor Dr. Gleitze nunmehr darum, dass nach dem erfolgreichen Start der Mittelschule noch in der Sitzung des Gemeinderates Gieboldehausen am 15.12.1955 ein entsprechender Baubeschluss gefasst würde. Eine erste Klasse dieser Mittelschule hatte aufgrund des Einrichtungsbeschlusses der Gemeinde bereits zu Ostern 1954 mit 34 Schülerinnen und Schülern ihren Unterricht begonnen. [2] Die Gemeinde in Person des Bürgermeisters hingegen sah noch keinen Handlungsbedarf und wollte noch abwarten, wie sich die Entwicklung des Aufbauzuges gestalten würde und verwies darauf, dass im Moment „noch genügender Schulraum zur Verfügung“ [3] stehe.

In der Folge wird sehr schnell deutlich, dass es dem OKD ernst war. Unter dem Datum des 1.12.1955 schreibt er die Gemeinde erneut an und will wissen, ob der Gemeinderat mittlerweile seiner „Verfügung“ vom 11.10. entsprochen habe. Er übt deutlichen Druck auf die Gemeinde aus, zumal er den Kreistag hinter sich weiß. Der Gieboldehäuser Gemeindedirektor Bode verweist in seiner Antwort vom 3.12.1955 darauf, „dass die obige Angelegenheit dem hiesigen Gemeinderat in der nächsten Sitzung noch mal vorgelegt wird.“[4] Die Ansage des OKD wirkte. Die nächste Sitzung des Gemeinderats war terminiert auf den 17.12.1955. In der Niederschrift ist dazu folgender Passus nachzulesen: „Auf Antrag des Ratsmitgliedes Heinrich Bode wurde einstimmig beschlossen, den Schulanbau so zeitig durchzuführen, dass er zur Verfügung steht, wenn es schulisch gesehen nötig ist.“[5]

Damit war zunächst die Grundlage gelegt. Es bedeutete aber keineswegs, dass der Anbau jetzt ein Selbstläufer war. Vielmehr griff jetzt die „ganz große“ Politik ins Geschehen im Gieboldehäuser Gemeinderat ein. Es wurde spannend….


[1] Dass sich die Nationalsozialisten später um diese Verabredung nicht weiter kümmerten und sich auch in der Gemeinde Gieboldehausen darüber hinwegsetzten, hätte man ahnen können. Es war ein politischer „Kuhhandel“ mit schwerwiegenden Folgen.

[2] Kreisarchiv LK GÖ, Amt 40, Nr. 245 – Verfügung des OKD vom 10.10.1955 an die Gemeinde Gieboldehausen

[3] Ebenda, Artikel der Südhannoverschen Volkszeitung vom 19.10.1955

[4] Ebenda

[5] Ebenda, Niederschrift der GR-Sitzung vom 17.12.1955