Die Mittelschule in verkürzter Form - später dann im Sprachgebrauch die „Kreisrealschule“ - arbeitete über die Jahre durchaus erfolgreich in dem Sinn, dass sie den Schülerinnen und Schülern aus den umliegenden Gemeinden eine umfassendere schulische Ausbildung anbieten konnte und damit zur Qualifizierung für die „neuen“ Berufe beigetragen hat – so, wie es intendiert war.

Die Mittelschule in verkürzter Form - später dann im Sprachgebrauch die „Kreisrealschule“ - arbeitete über die Jahre durchaus erfolgreich in dem Sinn, dass sie den Schülerinnen und Schülern aus den umliegenden Gemeinden eine umfassendere schulische Ausbildung anbieten konnte und damit zur Qualifizierung für die „neuen“ Berufe beigetragen hat – so, wie es intendiert war.

Die Elternschaft nahm die Schule an und auch in verschiedenen Gemeinden, die nicht unbedingt zum Einzugsbereich der Schule gehören, gab es großes Interesse an dieser Schule. Schon im April 1965 hatte der Lehrer Eckermann aus Seulingen angemahnt, dass seinerzeit versprochen wurde, „ein Bus werde täglich von Nesselröden nach Gieboldehausen“ fahren. Er bat eindringlich darum, „den Kindern der betroffenen 9 Dörfer eine zumutbare Fahrgelegenheit zu schaffen, damit auch sie zur Realschule kommen und bessere Bildung genießen können. Sie dürfen nicht in den Dörfern abgehängt werden, zumal die Schule mit den Schülern rechnet!“[1]

Dieser Brief des Seulinger Lehrers darf nicht nur als ein Hilferuf hinsichtlich der Verkehrsverbindungen gelesen werden, er ist darüber hinaus ein klares Indiz dafür, dass auch in den Dörfern des Untereichsfeldes zwischenzeitlich eine Diskussion über die schulische Bildung jenseits der überall vorhandenen Volksschulen eingesetzt hatte. Seine Wortwahl hinsichtlich der in den Dörfern „abgehängten Kinder“ macht das in besonderer Weise deutlich und hat ihm mit Sicherheit einige kritische Bemerkungen in seiner Heimatgemeinde eingebracht. Bessere Bildung bedeutete bessere Berufschancen. Das damals schon sprichwörtlich überall zitierte „katholische Arbeitermädchen vom Lande“ (Georg Picht, 1964) – wer denkt hier nicht gleich an das Untereichsfeld? - als der großen Bildungsverliererin war in schulpolitisch interessierten Kreisen als realistisches Klischee auch vor Ort in pädagogischen Zirkeln vorhanden. Bildung wurde nun als Bürgerrecht (Ralf Dahrendorf, 1965) definiert, ihr wurde die Aufgabe der Erziehung von Schülerinnen und Schülern zu mündigen und demokratisch orientierten Bürgerinnen und Bürger zugewiesen. Die Debatte zur Neuordnung der schulischen Bildung hatte bundesweit längst begonnen, Orientierungsstufe und Gesamtschule waren die zentralen Begriffe dieser Diskussion. Und die wurde sowohl im Kreistag von Duderstadt als auch in den Dörfern rund um Gieboldehausen geführt. Die Samtgemeinde gab es noch nicht.

In Gieboldehausen zeichnete sich sehr bald ab, dass es ohne weitere umfassende Baumaßnahmen am Schulstandort nicht funktionieren würde. Zwischen November 1968 und Januar 1969 vergab der Ausschuss für das Bauwesen des Kreistages Duderstadt verschiedene Gewerke für den Neubau, am 2. Juni 1969 beschloss der Kreistag dann den Bau einer Kleinschwimmhalle mit Hubboden und schon zwei Jahre später wurde der Bau der Leichtathletikanlage an der Kreisrealschule per Kreistagsbeschluss auf den Weg gebracht.[2]

Die Position des Schulleiters der Realschule war schon früh so etwas wie ein Erbhof der regionalen CDU. Man setzte eigene personelle Interessen durch und nutzte die Stelle als einen Karrierebeschleuniger. Von hier aus ging es in die Schulaufsicht, man besetzte Stellen in Landesverwaltungen, wurde Landrat oder man tauschte Leitungspersonal zwischen verschiedenen Schulen aus, wenn die vorgesehenen Aufstiegsmöglichkeiten anderenorts nicht gegeben waren. Als genau dieser Erbhofanspruch einmal nicht ohne Widerstand durchgesetzt werde konnte, wurden im Besetzungsverfahren alle Register gezogen. Interventionen im Kultusministerium, beim Katholischen Nachrichtenbüro, versuchte Einflussnahme durch eine prominente Bundestagsabgeordnete, usw. Es half diesmal nichts. Der Protektionismus war am Ende.

Ab 1979 gab es dann eine neue Schulform, die der Realschule in den Jahrgängen 5 und 6 „vorgeschaltet" war und die langfristig – ironischerweise ausgerechnet durch ihre spätere Abschaffung - das Schulsystem völlig neu strukturierte. Davon im nächsten Abschnitt.

[1] Kreisarchiv Göttingen, LK DUD Nr. 930, „Aufbauzug, Verkehrsverbindungen zum Aufbauzug“

[2] Kreisarchiv Göttingen, LK DUD Nr. 681, „Ausschuss für das Bauwesen“