Unser Kreistagsabgeordneter Reinhard Dierkes hat im Kreistag zum Thema "Sparkassenfusion" gesprochen. Der Text gibt einen kleinen Einblick in die Verhandlungsergebnisse und deren Akzeptanz und kritisiert die leider vertane Chance zur Bildung einer gemeinsamen "Sparkasse in Südniedersachsen".

Fusion scheitert ausschließlich an "eichsfeldischer Identität" - was immer das ist....

Der Sinnhaftigkeit einer Fusion ist zu keiner Zeit und an keiner Stelle ernsthaft widersprochen worden. Die Gründe dafür sind immer wieder vorgetragen worden: niedrige Zinsen, Regulatorik, Digitalisierung und Demografie.

Zu Beginn der Verhandlungen ist allen Verwaltungsräten die Frage vorgelegt worden, ob sie solche Fusionsverhandlungen als sinnvoll erachten - oder eben nicht. Die Antwort war in allen Fällen ein klares „Ja“, in Duderstadt versehen mit der Vokabel „ergebnisoffen“. Die anschließenden Verhandlungen haben ein Resultat erbracht, dem die in die Gespräche eingebundenen Herren Koch und Nolte bis heute nicht widersprochen haben und das sie damit als tragfähiges Ergebnis mit Zukunftsperspektive offensichtlich anerkannten und den Räten zuleiten wollten. Definitiv keinerlei Widerspruch aus der Duderstädter Delegation. Zu den Befürwortern des Verhandlungsergebnisses gehörten übrigens auch die bei den Gesprächen anwesenden Vertreter der Sparkassenbeschäftigten – somit erwartbar auch solche von Verdi.

In diesem Zusammenhang ist es sehr schade, dass der Aspekt der neuen Chancen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hinblick auf eine fusionsbedingte Qualifizierung ihrer Arbeitsplätze so wenig gewürdigt wird und in der Diskussion hinter der Fahrzeit von Beschäftigten im Nichts verschwindet. Und ob die Annahme zutrifft, die Fortführung von vier Einzelinstituten würde in der Folge keinerlei Auswirkung auf die Beschäftigten der vier Sparkassen haben, wird die Zukunft erweisen. Ich halte sie für sehr gewagt.

Nun aber zu Duderstadt: Es ist äußerst bedauerlich, dass nach durchweg positiver Stimmung bei den Verhandlern die Fusion nun letztendlich an Herrn Koch und dem Duderstädter Stadtrat scheitern wird. Damit das vorab einmal klar formuliert wird: Es ist das selbstverständliche Recht eines kommunalen Parlaments, sich eigenverantwortlich zu äußern. Es ist das Recht des Stadtrats, die Fusion abzulehnen. Aus dem Recht erwächst aber auch eine Pflicht gegenüber denen, die mit am Verhandlungstisch gesessen haben. Die haben nämlich ein Anrecht darauf zu erfahren, aus welchen Gründen der Stadtrat diese Fusion scheitern lässt. Und diese Gründe müssen klar benannt sein. Sie können sich nur auf Inhalte beziehen, die verhandelt und offenkundig nicht im Sinne Duderstadts entschieden wurden. Diese Gründe sind bis heute nicht benannt worden. Eichsfeldische Identität war jedenfalls kein Thema der Verhandlungen. Ich erwarte, dass Herr Koch hier und heute die sachlichen Argumente benennt – anderenfalls wäre es eine kalkulierte Brüskierung der Verhandlungspartner. Lautstärke und Tischgeklopfe – wie kürzlich erlebt – sind heute kein Ersatz für sachliche Argumentation. Ich hoffe, Sie bedenken das gleich in Ihrer Erwiderung.

Die Fusion scheitert nach meiner Beobachtung letztlich an Egoismen, die erkennbar nicht im Bereich betriebswirtschaftlicher Sachverhalte anzusiedeln sind. Sie scheitert an politischen Einflusspotentialen, die zu verlieren offensichtlich diesen Beschluss gegen die Fusion befördert hat. Die Respektlosigkeit, mit der man dabei den anderenorts beteiligten Verantwortlichen begegnet, ist ohne Beispiel. Stadtpolitische Interessen stehen offenkundig gegen eine mit besseren Zukunftsaussichten aufgestellte fusionierte Sparkasse. Die wirtschaftlichen Zahlen jeder einzelnen Sparkasse waren vorher bekannt. Ebenso konnte auch der Fusionsnutzen in seinen betriebswirtschaftlichen Auswirkungen detailliert beschrieben werden. Beides ist zu keiner Zeit angezweifelt worden. Insofern kann sich die demonstrativ hochgehaltene Vokabel „ergebnisoffen“ auch nicht auf wirtschaftliche Sachverhalte beziehen. Die Vorteile der Fusion standen zu keinem Zeitpunkt in Zweifel.

Fusionen macht man sinnvollerweise nicht, wenn es zu spät ist. Fusionen sind sinnvoll, wenn man sie noch aus einer gewissen Stärke heraus angehen kann. Es hätte in diesen Tagen die Chance bestanden, ein neues Institut für Südniedersachsen zu schaffen.

  1. Eine Sparkasse mit einer Bilanzsumme von etwa 2,1 Milliarden profitiert von einer deutlich verbesserten Position auf dem Markt.
  2. Daraus folgt eine etwa verdreifachte Grenze bei Großkrediten, die es möglich gemacht hätte, künftig auch Kunden zu gewinnen, die bisher nicht Sparkassenkreditnehmer waren.
  3. Das dauerhafte Einsparpotential über alle Bereiche läge nach dem eingeschwungenen Zustand jährlich bei 8 Millionen Euro.
  4. Der jetzt vorhandene Overheadbereich in 4 Sparkassen ließe sich deutlich reduzieren.
  5. Eine Neuaufstellung des Personals und die weitere Entwicklung von Expertenwissen in unterschiedlichen Bereichen wäre möglich geworden.
  6. Sollte es im Zuge des Verkaufs der Nord-LB noch zu weiteren Ansprüchen an die Sparkassen kommen, so hätte dieses fusionierte Haus die Belastung tragen können, ohne dass es zu dramatischen Verwerfungen kommen müsste.

Ein vorteilhaftes Verhandlungsergebnis für eine Fusion lag auf dem Verhandlungstisch – mit sehr klaren Vorteilen für Duderstadt. Der Duderstädter Rat hat diese Bemühungen brutal gestoppt. Das ist nun alleinige Verantwortung des Stadtrats. Andere Beteiligte fühlen sich dadurch allerdings brüskiert. Die Stadt ist isoliert, das Vertrauen auf lange Zeit beschädigt. An die offenen Türen, auf die der verantwortliche Bürgermeister in seiner Hilflosigkeit verweist, wird so schnell niemand mehr anklopfen. Wenn städtebaulich inspirierte kommunale Egoismen und aus der Zeit gefallene und nicht weiter definierte landsmannschaftliche Eigenheiten höher gewichtet werden als eine gemeinsam verantwortete, zukunftsfähige Entwicklung der Sparkassen dieser Region, dann fehlt mir dafür jedes Verständnis. Wenn als Argument gegen die Fusion eine gefühlte Benachteiligung bei der Kreisreform vor bald 50 Jahren ins Feld geführt wird, dann muss man sich verklappst vorkommen. Eichsfeldische Identität – was immer das ist – und eine gefühlte Benachteiligung bei einer Kreisreform vor einem halben Jahrhundert kann man nicht durch Verhandlungsergebnisse verändern. Insofern ist die Vokabel „ergebnisoffen“ eine solche, auf die sich der Duderstädter Stadtrat in Bezug auf das Verhandlungsergebnis überhaupt nicht berufen kann. Es war scheinbar von Beginn an klar, dass Sie die Fusion nicht wollten und auf unüberwindliche Vorgaben spekuliert haben. Nur: Dann hätten Sie uns das sagen sollen. Es hätte die Institute viel Geld gespart.

Zu Beginn der Verhandlungen war vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Noack der Satz zu hören: „Die geplante Fusion der Sparkassen ist ein Gebot der Stunde.“ Ja, so dachten viele Beteiligte in Politik und Sparkassen.

Zwei veröffentlichte Bemerkungen am Ende der Debatte klingen völlig anders. Ein umtriebiger Ratsherr freut sich ganz offen über „renitente kommunale Abgeordnete“ und spricht im Hinblick auf die Entscheidung von einem „Bauchgefühl“. Wenn Renitenz künftig als Leitprinzip von so wichtigen Entscheidungen durchgeht und vom Stadtrat mangels inhaltlicher Aussagen ohne Widerspruch hingenommen wird und wenn das Bauchgefühl vielleicht als Symptom für eine inhaltliche Verstopfung steht, dann ist das alles nur noch maßlos traurig.

Renitenz, ein unbestimmtes Bauchgefühl und ein Handeln nach dem Motto „Duderstadt first“ siegen über den Versuch, eine gemeinsame, zukunftsfähig aufgestellte Sparkasse im Landkreis Göttingen zu etablieren. Das sind die Punkte, an denen die Verhandlungen gescheitert sind. Der Chefredakteur des „Göttinger Tageblatts“ bringt es auf den Punkt: „Ein Hochamt der Kleingeistigkeit!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.